Am am 24.03.2016 beschloss die ETU um Präsident Athanasios Pragalos, dass die Hellenic Taekwondo Federation suspendiert werden müsse. Grund für die Suspendierung war die Weigerung der Griechischen Regierung, Trainerdiplome anzuerkennen, die in den vergangenen Jahren über ETU-Lehrgänge in Griechenland angeboten und von griechischen Trainern gegen happige Gebühr erworben wurden.
Wie ist nun der aktuelle Stand? TKD-NEWS.de hat recherchiert und kommt zu merkwürdigen Ergebnissen.
Der Konflikt schwelte bereits seit längerer Zeit. Nach der Gesetzesreform im Jahr 2013 wurden die Griechischen Sportverbände gesetzlich verpflichtet, Trainerakademien nach festen, einheitlichen Vorgaben zu gründen und unter dem Dach des Sportministeriums zu betreiben. Was aber offenbar von der Hellenic Taekwondo Federation ignoriert wurde. Sie zog es vor, die in der Vergangenehit mit der ETU erfolgreich praktizierte Zusammenarbeit fortzusetzen, und Lehrgänge in Griechenlang auszurichten, auf lukrative Rechnung der ETU.
Konsequenz aus dieser Praxis war, dass die über die ETU für sehr viel Geld erworbenen Trainerdiplome, vom griech. Sportministerium nicht anerkannt werden, mit der Konsequenz für die betroffenen Trainer, dass ihnen nun jede Trainertätigkeit in Griechenland untersagt werden kann.
Als Reaktion auf die Ablehnung beschloss die ETU, den Griechischen Verband mit sofortiger Wirkung zu suspendieren. Wirksam ausdrücklich für alle Personen und auf allen Ebenen. In einem ausführlichen Interview mit der griechischen Athener-Mazedonischen Nachrichtenagentur, die von der Sportzeitung „gazzetta.gr“ veröffentlicht wurde, begründete ETU-Präsident Athanasios Pragalos die Suspendierungs-Maßnahme als einziges Druckmittel, damit sich die Haltung des Staates in dieser Angelegenheit ändere.
Passiver Nationalverband
Man hätte nun erwarten können, der Griechische Verband würde gegen die Suspendierung lauthals protestieren und rechtliche Maßnahmen prüfen. Doch es blieb merkwürdig still. Von Seiten des Verbandes hieß es lediglich, man sei in Verhandlungen und wäre optimistisch, bald eine Lösung zu finden. Ansonsten hielt man sich eher bedeckt mit Verlautbarungen. Merkwürdig, ja fast schon verdächtig ruhig.
Suspendierung gilt nicht für den „Presidents Cup“
Inzwischen mag wohl auch manchem ETU-Funktionär gedämmert haben, dass man sich mit der Suspendierung des Griechischen Verbandes auch ins eigene Fleisch geschnitten haben dürfte – zwei Wochen vor dem in Bonn geplanten Presidents Cup. Dies verbunden mit nicht zu unterschätzenden Einnahmeausfällen, aus Startgeldern, Coachlizenzgebühren und Kampfrichter-Lehrgangsgebühren. Einige mögliche (zehn)tausend Euro, die nicht über die Griechen hätten generiert werden können. Insofern, so ist zu vermuten, hat man darauf hin die nächste Merkwürdigkeit in dieser Posse verkündet. Die Suspendierung würde nicht für den Präsidents Cup in Bonn gelten. Diese Maßnahme wäre selbstverständlich im Sinne der Teilnehmer zu verstehen.
Verbindungen ETU – HTF
Und weiter mit den Merkwürdigkeiten. Obwohl der Griechische Verband offensichtlich immer noch suspendiert ist – eine offizielle Information über die Aufhebung ist bis dato noch nicht öffentlich – sind die Vereine und Funktionäre weiterhin auf allen Veranstaltungen präsent, inkl des Nationalteams auf der EM in Montreux. Auch stehen am 10. Juni die Greece Open an, offiziell im ETU-Kalender angekündigt. Ja was denn nun? War doch nicht so gemeint? Eine Suspendierung aus vermutlich primär wirtschaftlichen Erwägungen, um den Staat zu erpressen? Verbandsfunktionäre, die sich zurückhalten??
Ein Blick in die Vorstandsstrukturen beider Verbände bietet zumindest erste mögliche Erklärungspunkte. Michalis Fysentzidis ist Generalsekretär der ETU aber gleichzeitig auch Generalsekretär des Griechischen Verbandes HTF. Der Präsident der Hellenic Taekwondo Federation, Nikolaos Thomaidis, ist gleichzeitig Mitglied im ETU-Council.
Der aufmerksame Leser könnte daraus Parallelen zur DTU-Suspendierung ziehen. Auch hier haben ehemalige Verbandsfunktionäre der NWTU und DTU eine nicht unbedingt rühmliche Rolle gespielt. Der Verdacht, es könnte sich auch hierbei um eine „Suspendierung auf Bestellung“ handeln, drängt sich zumindest auf. Eine, die zwar „pro forma“ ausgesprochen wurde, allerdings nicht unbedingt durchgesetzt werden sollte. Ob dies tatsächlich so ist, darüber lässt sich nur spekulieren.
Fazit
An Glaubwürdigkeit dürfte die ETU um ihren Präsidenten Athanasios Pragalos in letzter Zeit sicher nicht dazu gewonnen haben. Von der aktiven Einmischung in die NWTU-Verbandspolitik, der Farce um die nicht aufrecht zu erhaltende Beschwerde von Antonio Barbarino und Cetin Bozkurt gegen Musa Cicek, dem GAL-Karten-Skandal, der augenscheinlich „bestellten Suspendierung“ der DTU von Park Soo-Nam, Irritationen um die Vergabe des President-Cup, wo in dessen Umfeld inzwischen die Staatsanwaltschaft Siegen ermittelt… Zu viele „Ungereimtheiten“ gab es in der Vergangenheit. Ungereimtheiten, die dem ETU-Präsidenten Pragalos jede Menge Glaubwürdigkeit und Reputation gekostet haben dürften. Wie zu hören ist, soll inzwischen auch die Griechische Steuerbehörde ermitteln. Der Europäische Verband täte gut daran, baldmöglichst die Reißleine zu ziehen und mit einem neuen, glaubwürdigen Präsidenten und Vorstand einen Neuanfang wagen – im Sinne seiner Mitgliedsverbände und des Sports.